Der Kunstführerschein wendet sich an jene Personen, die Kunst erleben wollen. Die intensive Selbstwahrnehmung ist dabei das Anliegen der Plattform:KUNST. Es gilt, Kunst und Leben aneinander anzunähern. Die Kunst ermöglicht eine Art der Kommunikation, wie sie für unsere Gesellschaft einmalig ist. Sie öffnet uns neue Denkräume und Wahrnehmungsmöglichkeiten. Wenn der Besucher anschließend sagt: „Die Grenzen meiner Erfahrung haben sich erweitert, und damit hat sich meine Welt geweitet“, wurde das Ziel erreicht.
Soziale Aspekte der Kunst
1. These
„Wenn der Mensch keine Chance zu kreativen Mitgestaltung seiner Umwelt erhält, wird er Befriedigung in der Zerstörung suchen.“
Dabei kann die Zerstörung gegen Andere wie auch gegen einen selbst gerichtet sein. Die kreative Mitgestaltung, das Mitmachen, das sich Einbringen, das sich Einbringen dürfen, ist eine Form der Anerkennung des Einzelnen von seinem sozialen Umfeld. Diese Anerkennung bildet die Grundlage für das Selbstwertgefühl. Die kreative Leistung des anderen anzuerkennen bedeutet auch, eine Lösung zu akzeptieren, die anders aussieht als jene, die man selbst entwickelt hätte. Hierzu ist wiederum ein ausreichendes Maß an Selbstsicherheit Voraussetzung.
2. These
„Nur über uns hinweg finden wir uns – versuchen die lähmenden Denkmuster zu löschen.“
Kunst ist Wissen. Über die Kunst erfahren wir, daß unterschiedliche Sichtweisen zu neuen Lösungen führen kann. Die ästhetische Wahrnehmung alleine führt sicherlich zu einer inneren Selbstbestätigung. Sie wird als wertvolle und wunderbare Erfahrung empfunden. Dies alleine genügt jedoch nicht, da dies auch von Illusionen und Halluzinationen behauptet werden kann . Außerdem kann einer ein Gemälde ästhetisch erleben, das einen anderen kalt läßt. Wenn Kunst überhaupt über das Private hinausgehen soll, bleibt das Problem der externen Kriterien der Validität, ebenso wie bei allen anderen Wahrnehmungen.
„Der Künstler weiß was er tut, aber damit es sich lohnt, sollte er diese Grenze überspringen und tun, was er nicht weiß, und in diesem Moment befindet er sich jenseits des Wissens. Die Kunst ist für den Künstler eine Frage. Ist die Folge von Fragen unsere Antwort?“ (Eduardo Chillida)
3. These
„Kunst ist nicht eine Sache der Museen und Galerien sondern gehört bis in die letzte Nische des alltäglichen Lebensraums.“
In der Kunst geht es um die Offenheit, die für die menschliche Existenz unabdingbar ist, weil sie die Möglichkeit des Anderen und das Walten der Differenz in sich birgt. Kunst ist eine Funktion des Menschen. Der Mensch ist das Ursprüngliche. Kunst besitzt die Kraft, den Menschen in seinen Bann zu ziehen, ihn zu verunsichern – und die Verunsicherung ist der erste Schritt, anders über Gewohntes nachzudenken.
Die Zukunft jedes einzelnen liegt in ihm selbst. Es gilt, den Überfluß an Informationen auf ihren persönlichen Gebrauchwert zu reduzieren.
Auf der Basis des Staunens entwickelt sich eine neue Wirklichkeit. Kunst verändert den Betrachter und hilft ihm seine „eigene Welt“ zu interpretieren. Es geht nicht um das Sehen, sondern um die Sichtweise. Das Auge als Fenster der Seele.
Die Kunst dient als Begegnungsstätte für das Erlernen der menschlichen Wahrnehmung – damit Gewohnheit kein Ersatzwort für Leben wird.
4. These
„Das Sehen ist kein bestimmter Modus des Denkens oder eine Selbstgegenwart; es ist ein Mittel, von sich selbst abwesend zu sein, von innen her der Spaltung des Seins beizuwohnen, zu versuchen das Nichtkönnbare zu können.“
Mit seinen persönlichen Eigenschaften ist jeder auch einzigartig. Sich dessen bewußt zu werden, stolz darauf zu sein, ist zu erkennen . Nicht den gemeinsamen Nenner zu finden gilt als erstrebenswert.
Die Gabe bestimmte Grenzen und Regeln zu überschreiten, ist zu entwickeln, da diese den Betrachter irritiert und ihm auf das Wesen seiner Existens hinstößt. Wir sind einmalige Seinwesen, unser Bestreben muß sein, unsere eigene Einzigartigkeit zu definieren – über Kunst, Musik, Literatur…..über Dinge zu denen wir hingezogen werden. Jedes Kunstwerk, ob von geringer oder großer Qualität , ist ein Signalträger. Erst unser Hirn gibt ihm eine bestimmte Bedeutung.
Selbstachtung und Selbstsicherheit erlauben auch Selbstkritik. Die scheint Leonardo da Vinci abhanden gekommen zu sein, als er betonte, daß die Malerei eine viel höhere Kunstform sei als die Bildhauerei – um Michelangelo zu ärgern. So ist leicht zu verstehen, weshalb ein Künstler gerade seiner eigenen Kunstform den höchsten Stellenwert gibt.
Wer Angst vorm Scheitern hat, wird es nicht weit bringen, er wird diesseits seiner Begabungen bleiben, er wird sich der Mittelmäßigkeit hingeben und seine Möglichkeiten nie entdecken. Was man „Weisheit“ nennt, ist im Grunde nur eine „ständige reifliche Überlegung“, das heißt, die Nichttat als erste Bewegung. Eine Ansichtskarte zu kritzeln ist einer schöpferischen Tätigkeit näher, als die Phänomenologie des Geistes zu lesen.
The Art Certificate
The Social Aspects of Art
Thesis No. 1
„If man has no chance for a creative shaping of his environment, he will seek satisfaction in destruction“.
Destruction may be directed against others or against himself. The possibility of creative shaping, the becoming involved, to participate, being able to participate, is an expression of recognition of the individual by his social environment. This recognition constitutes the basis for the ego. Acknowledging somebody else’s creative achievements also includes accepting a solution that deviates from the solution one personally might have come up with. Such an understanding entails an adequate degree of self-confidence.
Thesis No. 2
„Only by rising above ourselves will we succeed with blotting out the patterns of thinking that paralyze us“.
Art is knowledge. By dealing with art we experience that different approaches lead to new answers. Merely the aesthetical perception guides to an inner boosting of one’s ego. This is sensed as a precious and astounding experience. But this alone does not suffice as it can also be experienced with illusions and hallucinations. Besides, another person might consider a painting aesthetic that the self is not attracted by. Even if art is to exceed the private sphere, the problem of external criteria of validity still remains, as it is the case with all other perceptions.
„An artist is aware of what he is doing, but for something to be worth while, it is necessary to transcend these limitations and to penetrate into areas where he has no knowledge of; in this very moment he finds himself beyond all knowledge. Art has to be questioned by the artist. Can a sequence of questions provide the answers we are striving for?“ (Eduardo Chillida)
Thesis No. 3
„Art does not only belong to the realm of museums and galleries but should aim at penetrating into every sphere of everyday life“.
Art is mainly concerned with openness which is absolutely necessary for the human nature because it provokes the possibility of dissenting ideas and leaves room for difference. Art is a function of the human being. Art is the beginning. Art has the power to hold mankind spellbound, to make people feel insecure – hence laying the foundation to rethink habitual actions.
The future of an individual is constituted in the self. One should aim at reducing the abundance of information to the individual need.
A new reality emerges from the basis of amazement. Art causes changes in the spectator, thus helping him to interpret his „own world“. What matters is the attitude, not the visualization. The eyes are the window of the soul. Art serves as the platform for acquiring human perception – not letting habits become a substitute for life.
Thesis No. 4
„Seeing is no fixed mode of thinking or a presence of the self; it is a means to be outside the self, to witness the splitting of the entity from within, to try to achieve the incapable.“
The distinctive features of a person constitute the uniqueness. The prior aim is to become conscious about it and at the same time to be proud about it. Not to reduce everything to a common denominator is considered desirable.
It should be a person’s aim to cultivate the gift to transcend certain rules and limits, as they annoy the spectator and unravel to him the nature of his position. Everyone of us is a unique creature, hence our endeavor must lie in defining this uniqueness, be it via art, music, literature or any other circumstances we are attracted by. Any work of art, no matter whether of refined or poor quality, is a clearly set sign. It is our mind that adds the decisive significance.
Self-esteem and self-confidence also provide room for self-criticism. Leonardo da Vinci seems to have lost his when he pointed out, that painting as an art ranks much higher than sculpture – just to provoke Michelangelo. From this we can clearly see, why every artist aims at promoting his art form.
He who is afraid of failing will not go far, he will remain on this side of his skills and will be doomed to mediocrity, hence never experiencing his true possibilities. What is commonly referred to as „wisdom“ is basically a „constant mature reflection“, i.e. the inaction as a first motion. To sketch a postcard may be considered more of an art than to interpret the phenomenology of the mind.